Schulprofil im Wandel der Zeit
Schule für Gehörlose
In den Anfängen beschränkte man sich auf die Unterweisung von gehörlosen Kindern in der Taubstummenanstalt und bemühte sich, durch eine Berufsschule für Gehörlose den Eingliederungsprozess in die Arbeitswelt zu begleiten.
In der Regel können heute gehörlose Schüler nach einer frühzeitigen und intensiven Frühförderung die Schule für Schwerhörige oder sogar Regelschulen besuchen. Die zunehmende Differenzierung der beruflichen Bildung macht den Besuch von Berufsbildungswerken und Berufsbildenden Schulen auch für unsere Schüler notwendig. 1999 haben die letzten gehörlosen Schüler unsere Berufsschule erfolgreich verlassen.
Schule für Schwerhörige
Im Jahre 1966 wurde die Schule für Schwerhörige am Landesheim und der Schule für Gehörlose eingerichtet.
Heute besuchen mehr als 70 schwerhörige Schüler unsere Grund- und Hauptschulklassen für Hörgeschädigte, seien es peripher Hörgeschädigte oder Schüler mit auditiven Wahrnehmungs- und Verarbeitungsstörungen. In diesen Klassen wird nach den Lehrplänen der Grund- und Hauptschule unterrichtet. Weil es nichts Ungerechteres als die Gleichbehandlung von Ungleichen gibt, sollen Schwache gefördert und Starke gefordert werden. Eine Aufgliederung des Bildungsangebotes war nach wenigen Jahren dringend geboten.
Realschule für Schwerhörige
Seit 1974 unterrichten wir an unserer Schule gut begabte Schüler in der Realschule für Schwerhörige, deren Einzugsgebiet ganz Rheinland-Pfalz, das Saarland und Luxemburg umfasst. Ein Drittel unserer Realschüler besucht nach dem Abschluss eine weiterführende Schule, z.B. die gymnasiale Oberstufe in Stegen oder Essen. Zudem haben Realschüler auch auf dem ersten Arbeitsmarkt wesentlich bessere Vermittlungschancen. Daher bleibt es bis heute unsere vorrangige Aufgabe, die zweifellos vorhandenen Bildungsreserven unter den Hörgeschädigten präziser zu erfassen und auszuschöpfen.
Hier sind wir auch auf die Zusammenarbeit mit den Schwesterschulen in Frankenthal, Neuwied, Lebach und Luxemburg angewiesen.
Durch die Integrierte Förderung ergeben sich neue Möglichkeiten der Erfassung. Manche Eltern können sich aber nicht zu der dann oft notwendigen Unterbringung in unserem schuleigenen Schülerheim durchringen.
Klassen mit dem Schwerpunkt ganzheitliche Entwicklung
Ebenfalls schon 1974 wurden Klassen mit dem Förderschwerpunkt ganzheitliche Entwicklung eingerichtet. Hier werden Schüler ihrem Leistungsvermögen entsprechend gefördert mit dem Ziel der sozialen Integration in die Arbeitswelt der Werkstätten für Behinderte und der Vorbereitung auf das betreute Wohnen und eine erfüllte Freizeitgestaltung.
Beratungsstelle für Pädagogische Audiologie
Bereits 1967/68 beginnen in den Beratungsstellen der Kreisstädte des Trierer Landes die ersten Ansätze einer systematischen Erfassung von hörgeschädigten Kindern und einer anschließenden Beratung und Betreuung bis hin zur Förderung in einer Kindergartengruppe.
Heute werden Kinder, bei denen hereditäre, prä-, peri- oder postnatale Risikofaktoren bestehen, sowie Kinder, die in ihrer weiteren Entwicklung hör- und sprachauffällig sind, in unserer zentralen Beratungsstelle für Pädagogische Audiologie vorgestellt und überprüft. Auch schulpflichtige Kinder aller Altersstufen können hier im Rahmen der integrierten Förderung überprüft und beraten werden.
Die möglichst frühe Erfassung, rasche Einleitung der Frühversorgung mit Hörhilfen und die Information über Frühbetreuung und Beratung hörgeschädigter Kinder und ihrer Eltern sowohl zu Hause wie in den wohnortnahen Kindergärten ist eine zentrale Aufgabe unserer Einrichtung.
800 bis 1000 Überprüfungen pro Jahr zeigen unser Streben nach einer vollständigen Erfassung. Ein flächendeckendes Neugeborenenhörscreening wäre hierbei sehr hilfreich.
Frühförderung hörgeschädigter Vorschulkinder
Der möglichst frühe Beginn einer gezielten Förderung, insbesondere einer guten Hörerziehung ist von entscheidender Bedeutung für die Entwicklung jeden hörgeschädigten Kindes. Nur dann besteht die Chance auf eine dem hörenden Kind vergleichbare Sprachentwicklung. Alle uns bekannten hörgeschädigten Kinder im Vorschulalter in der Region Trier (fast 100 %) werden 1 – 2 mal wöchentlich betreut, obwohl die Wilhelm-Hubert-Cüppers-Schule bis heute keinen eigenen Kindergarten besitzt. Die sehr aufwendigen, intensiven, behinderungsspezifischen Maßnahmen führen oft zu einer Sprachkompetenz, die nach dem Besuch des wohnortnahen Kindergartens auch den versuchsweisen Besuch der wohnortnahen Regelschule erlaubt.
Im Bereich der Früherziehung wurden in den letzten 25 Jahren die größten Fortschritte erzielt. Eine weitere Verbesserung der Integration Hörgeschädigter wird nur über eine Intensivierung und Ausweitung der Förderung in dieser sensiblen Phase der kindlichen Entwicklung erzielt werden können.
Förderschwerpunkt Hören
Wie die Gründung der Realschule und der Abteilung mit dem Förderschwerpunkt ganzheitliche Entwicklung eine Antwort auf die zunehmende Differenzierung der allgemeinen Bildungsangebote war, so hat die Wilhelm-Hubert-Cüppers-Schule in den 90er Jahren durch systematische Früherfassung, Frühversorgung und Früherziehung den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen und der technischen Entwicklung der modernen Hörhilfen entsprochen und damit auch in Trier einen fundamentalen Umbruch in der Förderung Hörgeschädigter vollzogen. Das HÖREN als Bedingung der verbalen Kommunikation verändert den Unterricht. Die Gehörlosen- und Schwerhörigenschule wurde eine HÖRSCHULE. Das war der Wechsel von einer „Defizitorientierten Pädagogik (nicht sprechen können) zur Audiopädagogik“ (Sprechen und Sprache werden über die Ausnutzung der vorhandenen Hörreste –also über das Hören- erlernt). Es heißt nicht mehr „Schau“, sondern „Hör“ („Pass auf!“ gibt es wohl auch weiterhin).
Die Integrierte Förderung Hörgeschädigter in Schulen anderer Schularten
In den letzten 10 Jahren hat eine veränderte Einstellung der Gesellschaft zu einer erheblichen Erweiterung des gemeinsamen Unterrichts an Regelschulen geführt. Die Integrative Förderung ist heute das vorrangige Ziel aller sonderpädagogischer Maßnahmen. Aus der Region Trier sind uns über 130 Schüler zur Integrierten Förderung gemeldet, mehr als wir hörgeschädigte Schüler aus diesem Raum an unserer Schule unterrichten.
„Sonderpädagogische Förderung umfasst die Prävention, Integrierte Fördermaßnahmen in anderen Schularten und die Förderung in Sonderschulen...“
(Sonderschulordnung § 1 Abschnitt 1).
Unsere Schwerpunkte: Frühförderung, Integrierte Förderung und der Unterricht in unserer Hörschule zeigen, dass wir die Rangfolge der Prioritäten der Sonderschulordnung umsetzen.
Das Schülerwohnheim
Bevor wir den Neubau 1988 beziehen konnten, waren unsere Internatsschüler auf 6 verschiedene Internate in Trier verteilt. Das erschwerte eine einheitliche Ausrichtung der Betreuung und der Erziehung außerordentlich. Unser „Internat“ nimmt nicht nur Schüler auf, die wegen der zu großen Entfernung zum Elternhaus nicht täglich nach Hause fahren können, sondern unterstützt durch seine Erziehungsarbeit (familienergänzendes Prinzip) ganz entscheidend die Arbeit in der Schule. Die Schulen für Hörbehinderte haben schon immer Unterricht und Erziehung als untrennbare professionelle Aufgabe des Hörgeschädigtenlehrers gesehen.
Zur Sicherung des erzieherischen und unterrichtlichen Erfolgs ist eine aktive Erziehungspartnerschaft zwischen Eltern, Erzieher/Innen des Schülerheims und Lehrern nötig. Eine gute Wohnatmosphäre und ein ausgeprägtes Zusammengehörigkeitsgefühl tragen entscheidend zur Erziehung und Wertorientierung bei. Das Schülerwohnheim hilft der Schule, sich zu einem Lebensraum zu entwickeln in dem Kinder stark werden können. Wer weiß, dass nicht die Erwachsenen sondern andere Kinder den stärksten Einfluss auf Kinder haben, der kann ermessen, welche Bedeutung ein gut geführtes Schülerwohnheim, in dem 1/3 unserer Schüler und die Mehrzahl der Realschüler untergebracht sind, für ein gutes Schulklima hat. Die Überbelegung unseres Schülerwohnheims in den letzten Jahren machte die Unterbringung von Schülern in Gastfamilien (Pflegestellen) notwendig.
Integrationsmaßnahmen für Hörgeschädigte
Durch den Umzug in den Neubau 1988 mussten neue Strukturen und Formen der Integration speziell auch für unser Schülerwohnheim gefunden werden.
Heute gibt es vielfältige Kontakte und dauerhafte Zusammenarbeit mit Sportvereinen, Jugendzentren und anderen Gruppen. Wichtig ist dabei eine gewisse Konstanz und Stetigkeit der Begegnung. Die Kinder aus den umliegenden Wohngebieten nutzen gemeinsam mit den Schülern aus dem Wohnheim unser schönes Außengelände und sind oft zu Besuch.
Die Theater-AG in unserer Schule „Die Handy’s“ nehmen bereits seit vielen Jahren an den Theater-Treffen der Schulen in Rheinland-Pfalz und auch auf Bundesebene mit wachsendem Erfolg teil.
2003 traten sie im Trierer Kulturzentrum TUFA in einer Abendveranstaltung vor großem Publikum auf.
Unsere Schulmannschaften im Fußball nehmen seit mehreren Jahren an Turnieren mit Regelschulen teil.
Nachgehende Fürsorge für erwachsene Hörgeschädigte und Erwachsenenbildung
Die nachgehende Fürsorge war bis zum Beginn der 90er Jahre eine Aufgabe, der sich viele Gehörlosenlehrer mit großem Engagement widmeten.
1990 errichtete die Gemeinschaft zur Förderung Hörgeschädigter in Trier (unser Förderverein) in der Region Trier einen psychosozialen Dienst für Hörgeschädigte im Arbeitsleben (PSD). Diese Aufgabe hat seit 1998 der Integrationsfachdienst (IFD) des Caritasverbandes für die Region Trier übernommen.
Der Caritasverband für die Region Trier hat ebenfalls seit Februar 2003 die Stelle eines Gebärdensprachdolmetschers für gehörgeschädigte Menschen eingerichtet. Der Dolmetscher begleitet Gehörlose bei Arztbesuchen, zu Betriebsversammlungen, zu Ämtern etc. Er wird angefordert und gebraucht, wenn die Kommunikation zwischen Gehörlosen und hörenden Menschen wichtig aber erschwert ist.
Das ehemalige Internat „In der Olk“ wurde der Vereinigung zur Förderung Hörgeschädigter, der Dachorganisation aller Trierer Vereine für Hörgeschädigte, in Erbpacht vom Land als Tagungs- und Bildungszentrum übergeben. Seit Sommer 2003 gibt es dort einen allgemeinen Sozialdienst für Hörgeschädigte, der allgemeine Hilfen außerhalb des Arbeitslebens anbietet.
Gehörlosenlehrer werden gelegentlich noch von Behörden und Gerichten als Dolmetscher angefordert.
Die Aufgaben der nachgehenden Fürsorge wäre in ihrer Vielfalt und Komplexität in der heutigen Zeit organisatorisch und inhaltlich eine Überforderung des Lehrerkollegiums.
Das Vereinsleben der Hörgeschädigten hat durch das Haus „In der Olk“ eine Chance erhalten sich weiter zu entfalten und über Sport und Geselligkeit hinaus vermehrt andere Bildungsangebote zu offerieren. Mit der Übernahme der nachgehenden Fürsorge durch Spezialisten anderer Träger wurde einer alten Forderung der Schule entsprochen. In gleicher Weise begrüßen wir die Eigeninitiative der Vereine, die Fort- und Weiterbildung in Eigenverantwortung zu konzipieren und durchzuführen. Die Schule kann sich nun ganz auf ihre ureigensten Aufgaben konzentrieren. Das Kollegium hat durch die Mitarbeit in den verschiedenen Gremien weiterhin guten Kontakt zu den Hörgeschädigten, was auch durch die häufigen Besuche ehemaliger Schüler im Internat und in der Schule bestätigt wird.
Die einzelnen Abteilungen, Bereiche und Aspekte dieser Übersicht werden im Detail in den nachfolgenden Beiträgen ausführlich beschrieben.
Die Strukturen, Organisationsformen, Förderorte, Maßnahmen und Methoden mögen sich in 125 Jahren ändern und weiter entwickeln. Die Aufgaben bleiben bestehen, die hörgeschädigten Kinder und Jugendlichen bei der Persönlichkeitsentwicklung zu fördern und auf die Integration in die Arbeitswelt und die Teilhabe an unserer Gesellschaft als mündige Bürger vorzubereiten.